In the Fishtank 6: June of 44 (1999)

Das Konzept der ungewöhnlichen Kollaborationen hatte sich trotz der überaus erfolgreichen Zusammenarbeit von Tortoise und The Ex gegen Ende der 90er bei den Fishtank-Sessions noch nicht vollständig durchgesetzt, und so musste die Alternative Rock Band June of 44 im Jahre 1999 das Konkurrent-Studio allein heimsuchen. Das macht in diesem Fall aber überhaupt nichts…

Fast schon wie eine Hommage an den Proto-Postrock von Talk Talk mutet gleich der Opener Pregenerate an. Vorsichtig und schüchtern pirscht er sich heran, lässt die Rhythmusabteilung gerade mal das Wesentliche regeln und schmeichelt und räkelt sich an das Ohr seiner Hörer. Es dauert ein wenig, bis das gute Stück an Fahrt aufnimmt und schließlich in fast schon besinnlichem Noise den Übergang zu Generate einleitet. Das Oxymoron „Besinnlicher Noise“ kann gerne auch gleich auf den Rest der knapp halbstündigen EP übertragen werden. June of 44 nutzen alle Stilmittel, die nötig sind, um ordentlich schrägen Krach zu produzieren: Verzerrte Gitarren, krächzende Spurüberlagerungen und bösartige Feedbackschleifen… Krach ist das Ergebnis jedoch zu keinem Zeitpunkt.

Stattdessen dominiert hier eine ungemein stilsichere Mischung aus entspanntem Indierock, Proto Math und atmosphärischem Postrock, der immer wieder mit Stilmitteln aus den 70er Jahren angereichert wird: Gerne zurückgelehnt, gerne psychedelisch, gerne auch hauchzart traumtänzelnd, jedoch nie gleichgültig und nebenbei. Dafür passiert einfach zu viel abseits der wunderschönen, wie in „Henry’s Revenge“ fast schon poplike anmutenden Melodien. Rhythmen schleppen sich der Musik hinterher, Scratches taumeln am eigentlichen Sound vorbei und verstolperte Percussionseinlagen reißen hintergründig und subtil die vordergründigen Poprhythmen auf. Da muss der geneigte Hörer beim größtenteils instrumentalen Material fast zwangsläufig an Tortoise oder die frühen Broken Social Scene denken. Indie Rock an der Schwelle zum Pop an der Schwelle zum Postrock, an der Schwelle zum Klanggewitter, immer wieder herausfordernd, dabei aber nie den Hörer düpierend oder provozierend. Viel eher verrichtet hier ein kleiner Kobold sein musikalisches Handwerk, kitzelt und überrascht den Hörer mit kleinen Nadelstichen. Kurzzeitig darf die Musik  laut, hektisch, treibend und sogar tanzbar werden, nur um kurz darauf wieder zu entspannten mathematischen Kalkulationen zurückzufinden.

Also wieder ein hervorragendes Album aus der Fishtank-Reihe: Verschroben, experimentierfreudig, atmosphärisch, aber auch melodisch, catchy und ungemein attraktiv. Perfekte Musik für einen Somemrabend nach einem kühlenden Gewitter, immer auf dem Sprung, aber nie dem Hörer entgleitend. Auch wenn June of 44 nur alleine unterwegs sind (Neben Karate die einzigen Einzelgänger der Fishtanks nach 99), generieren sie Klänge, die locker auch von zwei, drei oder vier Bands stammen können und bleiben dabei dennoch immer homogen und unverwechselbar. Really good work!

| Genres: Alternative Rock, Indie, Math-Rock, Post-Rock, Rock, | Jahrzehnt: 1990er,


Ähnliche Artikel