Jahrzehnt: 2000er

15 Jahre – Happy Birthday, Plattentests.de
Wenn ich nach meiner musikalischen Sozialisation gefragt werde, kommen mir natürlich als erstes die Bands in den Sinn, die ich als
Zehn Jahre John Cages ORGAN²/ASLSP (as slow as possible) in Halberstadt
Vor genau 10 Jahren - am 5.September 2001 - wurde in Halberstadt der erste Ton des langsamsten und am längsten
Fuck the Devil, fuck myself… Rezension zu Aereogrammes Klassiker „A Story in White“
Achja... bin gerade auf so einem kleinen Nostalgietrip, einem Aereogramme-Nostalgietrip, um genau zu sein. Auf einem "A story in white"-Trip,
…And you will know them – „Trail of Dead“ Retrospektive zur Einstimmung auf das neue Album „Tao of the Dead“
Nein! Man vergisst sie nicht so schnell, wenn man sie mal live gesehen oder gehört hat. Insofern ist der größenwahnsinnige
Retrospektive zur Einstimmung auf das neue Radiohead Album “The King of Limbs”
Sie haben uns mal wieder eiskalt erwischt: Vollkommen unerwartet, dafür aber umso mehr erhofft, versetzte diese Woche die Ankündigung eines
In the Fishtank 7: Low & Dirty Three (2000)
Nach dem Solo-Intermezzo von June of 44 wurde munter weiter kollaboriert bei Konkurrents Fishtankreihe. Pünktlich zur Jahrtausendwende standen sich die
Traumhochzeit – Eine Rezension zu Broken Social Scene – s/t (2005)
Wir schreiben das Jahr 2005... So unterschiedlich die beiden Genres auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sowohl Postrock als

15 Jahre – Happy Birthday, Plattentests.de

Wenn ich nach meiner musikalischen Sozialisation gefragt werde, kommen mir natürlich als erstes die Bands in den Sinn, die ich als junger Teenager gehört habe: Nirvana, Metallica, NOFX, R.E.M… etc…. eben alles, was der early 90’s Alternative Rock und Metal so hergibt. Vielleicht verliere ich dann noch ein paar Worte dazu, wie ich von MTV geprägt wurde, wie ich die Plattensammlung meines älteren Bruders durchstöberte oder wie ich in den späteren 90ern auf diversen Festivals immer die Künstler suchte, von denen ich vorher noch gar nichts gehört hatte, einfach nur, um mir ein Bild davon zu machen, ob ihre Musik DIE perfekte Musik für mich sein könnte. Und dann, wenn es darum geht, welche schriftlichen Publikationen meinen Musikgeschmack entscheidend mitgeprägt haben, lande ich – noch vor Visions/Intro/Pitchfork/NME und Konsorten – ohne große Umwege direkt bei einem Namen: Plattentests Online. Ein – wohl gar nicht mal so kleines – Portal für Musikrezensionen, mit hervorragenden Texten, viel Potential für goldene musikalische Fundstücke abseits des Mainstream (und auch der eigenen Indie/Alternative/Rock Filter Bubble) und einem der außergewöhnlichsten Foren des gesamten Internets. Diese großartige Seite wurde diesen Monat 15 Jahre alt. Zeit für ein paar Glückwünsche und Worte des Dankes.

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Zehn Jahre John Cages ORGAN²/ASLSP (as slow as possible) in Halberstadt

Vor genau 10 Jahren – am 5.September 2001 – wurde in Halberstadt der erste Ton des langsamsten und am längsten andauernden Musikstück der Welt angespielt. ORGAN²/ASLSP ist der Name des Stücks von John Cage, das dieser 1985 für das Piano schrieb und 1987 für die Orgal uminterpretierte. Ende der 90er entstand bei einem Orgelsymposium die Idee, den Titel so wörtlich wie möglich aufzufassen und mit der Sankt-Burchardi-Kirche in Halberstadt war dann auch schnell ein Veranstaltungsort gefunden, an dem seit 2001 stetig schleichend, monoton und erhaben die Klänge von ASLSP zu hören sind.  Tatsächlich bestand der erste angespielte Ton der auf 639 Jahre angelegten achtseitigen Partitur aus reiner Stille. Der erste Impuls  war eine Pause, die ganze 1 1/2 Jahre andauerte, bevor sie von einem gis‘, h‘, gis“ Akkord abgelöst wurde…. Dieser Klang dauerte dann auch wiederum gut 16 Monate an…

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Fuck the Devil, fuck myself… Rezension zu Aereogrammes Klassiker „A Story in White“

Achja… bin gerade auf so einem kleinen Nostalgietrip, einem Aereogramme-Nostalgietrip, um genau zu sein. Auf einem „A story in white“-Trip, um es auf den Punkt zu bringen. Und da ich trotz Radiohead-Besessenheit meine derzeitige Liebe zu dem 2001er Album nicht loswerde, teile ich sie einfach. Ist schon ein bisschen her, dass ich das hier geschrieben habe. Drückt aber nach wie vor aus, wie mich dieses Album jedes Mal wieder in seinen Bann zieht. A Story in white… und eben weitaus mehr als das:

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…And you will know them – „Trail of Dead“ Retrospektive zur Einstimmung auf das neue Album „Tao of the Dead“

Nein! Man vergisst sie nicht so schnell, wenn man sie mal live gesehen oder gehört hat. Insofern ist der größenwahnsinnige Name „…And you will know us by the trail of Dead“ durchaus Programm bei den Texanern. Auch wenn man angesichts seiner Länge dann doch gerne auf die etwas geschmeidigere Umschreibung „Trail of Dead“ zurückgreift. Die Alternativerockband lebt seit den späten 90ern ihre ganz eigene Version von progressivem, wilden und lauten Rock N Roll, irgendwo zwischen Noise, Punk, epischem Postrock und auf späteren Alben sogar launigem, mehrspurigem und pathetischen Indie-Pop. Auch auf  dem neuen Album Tao of the Dead (Vö.: 7.2.2011) huldigen sie Vergangenem und feiern aktuelle Trends, rocken sie, ballern sie, zerstören sie und verschmelzen gestern und heute zu hymnischer Zwietracht. Aber wie kamen die musikalischen Exzentriker dahin, wo sie jetzt stehen? Zeit für eine kleine nostalgische Alben-Schau…

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Retrospektive zur Einstimmung auf das neue Radiohead Album “The King of Limbs”

Sie haben uns mal wieder eiskalt erwischt: Vollkommen unerwartet, dafür aber umso mehr erhofft, versetzte diese Woche die Ankündigung eines neuen Radioheadalbums die gesamte Musiklandschaft in Hysterie. Insbesondere weil „King of the Limbs“ bereits in sieben Tagen (mittlerweile nur noch vier) veröffentlicht werden soll, wie schon „In Rainbows“ zuerst nur als digitales Album zum Download, später dann – ebenfalls wie „In Rainbows“ – als schicke Special Edition mit besonderem Artwork und expansiven Boni. Um die Wartezeit auf das neue Glück ein wenig zu verkürzen, hier eine kleine Retrospektive auf die bisherige Radiohead-Discographie.

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In the Fishtank 7: Low & Dirty Three (2000)

Nach dem Solo-Intermezzo von June of 44 wurde munter weiter kollaboriert bei Konkurrents Fishtankreihe. Pünktlich zur Jahrtausendwende standen sich die Indie-Rocker von Low und das instrumentelle Folk-Trio Dirty Three gegenüber. Diese haben durchaus Erfahrung, was die Zusammenarbeit mit Alternativerock und Indie-Größen betrifft. Warren Ellis war seinerzeit Mitglied bei „Nick Cave and the Bad Seeds“, die anderen beiden im Bunde – Mick Turner und Jim White – sind unter anderem als Backgroundmusiker bei Cat Power, PJ Harvey oder gar Sonic Youth zu hören. Da scheint die Zusammenarbeit mit den Lo-Fi, Slowcore-Rockern von Low nur folgerichtig.

Und „Zusammenarbeit“ ist wohl auch tatsächlich der beste Begriff, um die siebte Fishtanksession zu kennzeichnen. Denn was bedeutet Zusammenarbeit…? Kompromisse. Und um diese sind weder Low noch Dirty Three verlegen. So pirschen sich Low ganz vorsichtig mit ihrem subtilen, bedächtigen Slowcore-Sound heran, bemühen sich redlich nicht allzu viel Wind zu machen und wollen scheinbar sowieso am liebsten ungehört bleiben. Dirty Three wiederum, die es gewohnt sind, fragile Soundgewänder aus der zweiten Reihe stimmig einzubetten, legen ganz vorsichtig ihren romantischen, mitunter leicht schrägen Post-Folk/Ambient über das Geschehen. Und das ganze klingt in erster Linie vor allem ruhig. Da darf ein 9minütiges Folkepos wie das Neil Young Cover „Down by the river“ auch fast die gesamte erste Hälfte aus vertonter Stille bestehen. Bleche werden höchstens sachte gestreichelt, Gitarren nicht einmal annähernd gezupft. Geräusche sind ja auch irgendwie überflüssig, wenn man in aller Ruhe eben jene Ruhe vollkommen ruhig genießen kann. Stille um der Stille wegen, teilweise fast schon störend von Klang unterbrochen.

Machen wir uns nichts vor. FISH7 ist ein vertontes Understatement. Wo andere Bands die Kollaborationen zu wüstem Crossover nutzen, schmiegen sich hier Lo-Fi, Indie und Folk genüsslich aneinander. Ein ganz klein wenig experimentell, ein wenig zum Spirit of Eden von Talk Talk nickend, ein wenig mit Leonard Coen flirtend, dabei aber immer mit dem Blick zum Boden, immer den Fluchtweg im Auge, immer den Sturm zurückhaltend und alles in allem wunderschön. Enervierend könnte man es fast nennen, wie der „Invitation day“ oder „Cody“ mit ihren sanften Streichern an der Stille vor dem nie einsetzenden Sturm kratzen. Ruhe, die in ihrer inneren Zerrissenheit alles andere als beruhigend ist… daran ändern auch die himmlischen, fast schon kitschigen Vocals eines „When I called upon your Seed“ nichts. Low und Dirty Three scheinen auszuloten, wie sie dem selbst kreierten musikalischen Kosmos am besten entkommen könnten… How to disappear completly: Durch die Musik, mit der Musik, hinter der Musik, die in ihrer ganzen sanften Pracht nicht einmal Musik sein will.

Und so legt sich diese 40minütige EP Schleier um Schleier auf ihre Zuhörer, diese in ihrer dichten Bedächtigkeit fast zerdrückend. Und wenn es dann am Ende ganz plötzlich herrlich kratzig, bluesig, anti-folkig heißt „Lordy, save my soul“ dann scheint es dafür beinahe zu spät, vollkommen unabhängig davon wie dieses beinahe – aber wirklich nur beinahe – befreiende Mantra schmutzig und wüst wiederholt wird. Ein letztes Atmen durch den feinen Staub der geräuschlosen Soundkulisse, ein letztes Aufbäumen vor dem abrupten, vollkommmenen Verstummen. Eine fantastische Kurzspielplatte, ein herrliches Eintauchen in einen annähernd klanglosen Klangkosmos, eine ungewöhnliche, wirkungsvolle, einfach nur schöne Fishtank-Kollaboration.

Traumhochzeit – Eine Rezension zu Broken Social Scene – s/t (2005)

Wir schreiben das Jahr 2005… So unterschiedlich die beiden Genres auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sowohl Postrock als auch Indiepop stecken in einer selbst eingebrockten Krise. Während der Indie-Pop sich in kassenträchtige UK-Retro-garage-Rock-Hypes auf der einen Seite und seichte Pop-Boote auf der anderen Seite splittet und dabei jede Innovation vermissen lässt, dümpelt der Postrock im Fahrwasser von unzähligen „Godspeed! You Black Emperor“-Klonen und hilflosen Ambient-Verbrechern, die dem ehemals subversiven Genre einen starken Anstrich von biedermeierschem Konservatismus geben. Da liegt es natürlich nahe, beiden Genres einen Nachruf zu schreiben, sich epitaphischem Wehleiden hinzugeben und eine allgemeine düster, pessimistische Kunstapokalypse heraufzubeschwören. Ausgerechnet Broken Social Scene, das auf mittlerweile zehn Mitglieder angewachsene Künstlerkollektiv, gestartet als Postrock-Projekt mit Tortoise-Anleihen (Feel good lost) und einen Abstecher in trockenen Rock hinter sich habend, geht den genau entgegen gesetzten Weg. Auf dem Opus Magnum der Band, dem berüchtigten Selftitled-Album feierten sie 2005 in elegischen, bunt zusammen gewürfelten, wild ekstatischen Tönen die Wiederauferstehung zweier Genres aus ihrem Dornröschenschlaf und deren innigste Vereinigung.

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