Die besten Deutschrap-Alben der 90er Jahre I
Es folgt der große Nachschlag für die besten Hip Hop Alben der 90er Jahre, in Form von Alben in ausschließlich deutscher Sprache oder aus dem deutschen Sprachraum. Deutschrap entwickelte sich in den 90er Jahren zu seiner ersten Blüte, extrem nach vorne getragen von den Pop-Interpretationen des Genres, wie sie unter anderem von den Fantastischen Vier oder Fettes Brot vertreten wurden. Deutschsprachiger Hip Hop scheint in dieser Zeit mitunter so popaffin, das mancher Genrefan behaupten würde, die wirklich starke Zeit des Deutschrap begänne erst um die Jahrtausendwende. Kann man so sehen, unterschlägt aber doch ein bisschen, wie divers und experimentierfreudig das Genre in den 90ern war. Klar, wenn man Richtung Charts schielt, findet man dort doch relativ viel Einheitsware, ein Blick nach links und rechts vom Tellerrand offenbart aber so manche Überraschung. Und so finden wir in dieser ersten Liste (von drei) punkigen Politrap, derben Straßenrap mit provokanten Lyrics, Migrantenrap mit sozialem Bewusstsein, experimentelle Sample-Spielereien und sogar so etwas wie Hamburger Schule affinen Studentenrap. Achja, die Fanta 4 sind auch dabei; die sind nämlich zumindest auf einem Output Mitte der 90er Jahre deutlich stärker (und auch unpoppiger) als ihr Ruf. Und damit ran an die Kartoffeln…
Anarchist Academy – Am Rande des Abgrunds
(Wolverine Records, 1993)
Ja, die gute alte Zeit, als Deutschrap noch nicht vom Pop durchseucht war, auch politisch, kontrovers und anarchisch sein durfte. Hand aufs Herz, die gute alte Zeit gab es eigentlich nicht wirklich im Deutschrap der 90er Jahre. 1992 erschien „4 gewinnt“ von den Fantastischen Vier und definierte für das komplette Jahrzehnt, wie die Mehrzahl der Öffentlichkeit deutschen Hip Hop rezipieren sollte… ob man es mag oder nicht. Und wie man es auch dreht und wendet, wirklich große LPs gibt es in dieser Zeit daneben nicht. Die meisten Underground MCs beschränken sich auf EPs oder Singles, auf Outputs im erweiterten Freundeskreis und auf die Konsolidierung der Szene. Wenn man nach dem Album im klassischen Sinne sucht, findet man in dieser Zeit sehr, sehr, sehr wenig. Eine rühmliche Ausnahme stellen Anarchist Academy dar, deren Debüt „Am Rande des Abgrunds“ mit seiner Veröffentlichung 1992 perfekt den Veröffentlichungszeitraum des Fanta4-Mainstream-Durchbruchs matcht. Und im Gegensatz zu diesen haben die Lüdenscheider wirklich was zu erzählen, was zu sagen. Inspiriert vom Deutschpunk hauen sie einen politischen Song nach dem anderen raus, verteilen – wie der Bandname bereits verspricht – ordentlich anarchische und anarchistische Nackenschläge, hoch politisiert, mit viel Pathos und noch mehr Wucht. Sendungsbewusstsein und Freude an der Musik gehen hier Hand in Hand, und somit ist „Am Rande des Abgrunds“ nicht nur ein rap-historisches Kulturgut sondern eine bis heute absolut hörenswerte Scheibe.
Äi-Tiem – Wenn Hier Einer Schiesst Dann Bin Ich Das
(Intercord, 1993)
Deutscher Sprechgesang, man mag es kaum glauben, beginnt trotz der Albendürre schon in den 80er Jahren. 1986 gründeten die Kölner Frank Schnütgen (Hans Solo) und Ralph Dammers (Lord Fader) mit dem Äi-Tiem eine der ersten deutschsprachigen Rap-Gruppen. Nach mehreren Veröffentlichungen unter Eigenlabel konnten sie 1993 auf Intercord „Wenn Hier Einer Schiesst Dann Bin Ich Das“ raushauen. Und um mit dem nächsten „First!“ gleich nachzulegen: Auf dieser Scheibe zelebrieren sie was, was man gut und gerne als Schmuddelrap bezeichnen könnte. Das Vokabular hier würde auch so manchen Straßenrapper um die Jahrtausendwende vor Neid erblassen lassen. Mit vielen Schwänzchen, Fötzchen und Fickereien ist dieser 55Minüter weder PC noch safe for work or kids. Und trotz gehöriger Proll-Attitüde verfallen Äi-Tiem nie in plumpen Maskulinismus. Dafür ist alles einfach zu überhöht, zu ironisch gebrochen und in seiner Derbheit und Verdorbenheit zu clever. Nebenbei sorgt dann auch noch Rapperin Sony-A für so etwas wie den ersten feministischen Fick-Song der der deutschen Rap-Geschichte. Und im Mittelteil wird sogar mit viel politischer Attitüde aufgetrumpft. Und so besitzt „Wenn Hier Einer Schiesst Dann Bin Ich Das“ ne Menge Street Punk Vibes, viel Anarcho-Irrsinn und echt abgefuckte Schandmaul-Hymnen, die ins Ohr gehen, Spaß machen und sich in ihrer derben Überdrehtheit nie zu ernst nehmen.
Germ – Day Of Resurraction
(Dragnet Records, 1994)
In seiner Frühzeit war der unabhängige – jenseits vom Pop existierende – Deutschrap noch massiv vom Hip Hop Made in USA inspiriert und folgerichtig nicht selten englischsprachig. Ein Vertreter dieses frühen Deutschraps ist der Frankfurter René Moses Swain alias Da Germ, der als Sohn einer deutschen Mutter und eines amerikanischen G.I.s schon qua Geburt zwischen den Welten steht. In den USA nur „Da German Guy“ genannt, macht er sich diesen Nickname kurzerhand zur Marke, als er in Deutschland 1994 sein Solodebüt veröffentlicht. „Day Of Resurraction“ klingt dann auch deutlich mehr nach Eastcoast Hardcore Hip Hop als dem, was später unter dem Label Deutschrap populär werden wird. Unterlegt von minimalistischen, rohen Beats setzt Germ seinen Fokus voll und ganz auf Atmosphäre und Ausdrucksstärke. Day Of Resurraction ist ein Kraftpaket von einem Album, düster, beschwörerisch, mit einem intensiven Flow, der mit den Pop-Outputs der damaligen fantastischen Vier locker den Boden aufwischt. Später sollte Germ – der btw. Deutsch und Geschichte auf Lehramt studierte – auch mit deutschen Raps unter anderem als Mitglied der Brothers Keepers zum Stable der deutschen Rapszene werden. Day of Resurraction ist ein wichtiger Pfeiler auf diesem Weg und unabhängig davon ein in seiner Rohheit starker Output, der sich nicht vor den amerikanischen Inspirationen verstecken muss.
Asiatic Warriors – Told Ya
(Dragnet Records, 1994)
Frankfurt war in den frühen 90ern ein wichtiger Umschlagplatz für das deutsch Rap-Game. Ebenfalls aus der Ecke, und ebenfalls bei Dragnet veröffentlicht ist das Album Told Ya von Azad, D-Flame, A-Bomb und Combad, die als Asiatic Warriors auftreten. Mehr noch als bei Germ dominiert hier eine radikale Rohheit, ausgedrückt in einer harten, tighten und ziemlich roughen Produktion ist dieser 30 Minüter ein sprödes Monstrum, irgendwo zwischen den Hardcore Hip Hop Reduktionen eines Wu-Tang Clan und dem Horrorcore des Dirty South. Gerappt wird aber nicht nur auf englisch sondern auch auf kurdisch und auf deutsch. Dabei kombinieren die Asiatic Warriors geschickt eine dystopische Atmosphäre mit politischem Sendungsbewusstsein und einer ebenso einnehmenden wie erschreckenden Wut, kulminierend in dem aggressiven und dichten Track „Das Letzte Attentat“, der wohl mit zum intensivsten gehört, was der Deutschrap in dieser Zeit zu bieten hat.
Main Concept – Coole Scheiße
(Move, 1994)
Zu den ersten – das Genre ernst nehmenden – Rappern in deutscher Sprache gehören die Münchner Main Concept, die mit „Coole Scheiße“ 1994 ein Debüt veröffentlichen, das in seinem Wahnwitz hervorragend aufzeigt, wie sich ein selbstbewusstes, unabhängiges Rap-Album von Pop-Entwürfen, die Hip Hop nur als Schablone nehmen, unterscheidet. Coole Scheiße ist ein verflucht schnelles, höchst politisches Biest, das mit seinem energischen Flow ordentlich nach vorne treibt, dabei aber auch immer eine Menge Charme besitzt. Main Concept haben Sendungsbewusstsein, ohne Frage. Ihr ebenfalls vom Hardcore Hip Hop inspiriertes soziopolitisches Moment kommt aber nie dystopisch daher, sondern ist meistens von einer lockeren, gechillten Produktion unterlegt. Nicht selten tangieren sie den Jazz-Rap und den Pop, spielen mit coolen Jazzsamples und viel Funk und mixen ihre Gesellschaftskritik mit verflucht unterhaltsamer Musik, so dass weder das eine noch das andere um sich selbst kreist.
Advanced Chemistry – Advanced Chemistry
(360° Records, 1995)
Auch wenn ihre erste LP erst 1995 erscheinen sollte, wird wohl niemand anzweifeln, dass Advanced Chemistry zu den wahren Urgesteinen des Deutschrap gehören. Seit 1992 sind die Heidelberger Toni-L, Torch, Gee-One und DJ Mike MD schon unterwegs. „Fremd im eigenen Land“ rappten sie damals, inspiriert von der politischen Seite des amerikanischen Raps in der Auseinandersetzung mit Minorisierung, Stigmatisierung und Rassismus in der deutschen Politik und Gesellschaft. Das hat sich auch auf ihrem Debüt nicht geändert. Advanced Chemistry ist höchst politischer Rap, der das Genre extrem ernst nimmt, immer auch als Sprachrohr für einen gesellschaftspolitischen Auftrag versteht. Produktionstechnisch pendelt das selbstbetitelte Album dabei zwischen minimalistischen und harten vom Hardcore Hip Hop der Ostküste inspirierten Beats, Funky Samples, die an den amerikanischen Rap der 80er Jahre erinnern, und elegischen Hymnen, die mit Soul und R&B-Momenten aufgelockert sind. Advanced Chemistry sollten auch bei der Formierung der Brothers Keepers eine wesentliche Rolle spielen und im März dieses Jahres wurde die Heidelberger Hip Hop Kultur von der UNESCO zum Immateriellen Kulturerbe erklärt. Advanced Chemistry ist ein beeindruckendes Dokument der Geschichte der deutschen Rapkultur und essentiell für das Selbstverständnis des politisch selbstbewussten Deutschraps.
Der Tobi & das Bo – Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander
(Metronome, 1995)
Wenn nach der Ursünde im Deutschrap gefragt wird, konkret nach der Ursünde, die dessen Reputation Richtung Viva und MTV und Pop und so lenkte – fällt einem zumeist das Debüt der Fantastischen Vier – Vier Gewinnt – ein. Rap-Puristen und -Experten der 90er Jahre werden ziemlich schnell im Anschluss daran den Tobi und das Bo nennen, die etwas später spaßigen Sprechgesang für ein Mainstream-Publikum aufbereiten sollten, das keine Interesse am kulturellen Background des Genres hatte. Und ja, natürlich stimmen die Vorwürfe, die damals von Torch und Co. dem sympathischen Elmshorner Duo entgegengebracht wurden. Einerseits sind Mirko Bogojević und Tobias Schmidt das, was man gemeinhin als Rap-Schlager bezeichnen könnte. Andererseits jedoch erschließen sie den Pop deutlich gekonnter als die Fanta Vier auf ihren ersten Alben. Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander ist ein durch und durch unterhaltsames Stück Musik jenseits von politischem und künstlerischem Anspruch. Aber es ist eben auch ein qualitativ extrem hochwertiges Stück Unterhaltungskunst, voll absurdem Sprachwitz, fetten Beats und einem charismatischen Flow. Und damit bleibt die Frage: Kann man dem Deutschrap Popcharme verzeihen? Wenn dieser so charmant ist, wie hier, darf die Antwort gerne auch mal „Ja!“ lauten.
Kinderzimmer Productions – Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit
(Kinderzimmer Recordings, 1996)
Man kann viel über den kindischen, „kindgerechten“ Deutschrap der 90er Jahre ablästern, allem, was aus dieser Ecke kommt per se die Qualität oder Substanz abzusprechen, ist aber selbst ziemlich infantil. Wie sehr sich Pop-Appeal und Pioniergeist miteinander vermählen lassen, beweisen die Ulmer Kinderzimmer Productions, die mit ihrem Wortwitz und losen Mundwerk zwar enorm an das Debüt der Fanta 4 und Pop-Exkursionen wie den Tobi und das Bo erinnern, aber mit ihrer Sample- und Zitatkunst deutlich über die Popschwergewichte hinauswachsen. Ihr selbstbetiteltes Debüt aus dem Jahr 1994 wurde kurz nach Veröffentlichung wegen lizenzrechtlicher Probleme aus dem Programm genommen (ein Sample der Stranglers war der Auslöser), und auf ihrem Nachfolger tragen sie noch ein ganzes Stück Wut im Buch über diese popindustrielle Ungerechtigkeit. „Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ ist ein kleiner Kobold, der laut schreit: „Scheiß drauf, dann sample ich erst recht wie blöde!“ und so zum wilden Ritt durch Film- und Popzitatlandschaft wird. Ja, Kinderzimmer Productions haben auch die sonnigen, unverblümt spaßigen Momente, die im 90er Deutschrap-Game so oft zu hören sind, aber in seinen größten Momenten wird es zu einem bizarren Bastard-Pop Meisterwerk, auf das auch ein DJ Shadow stolz wäre. Tracks gehen nahtlos ineinander über und werden in sich zerschnitten von Samples und Referenzen. Manchmal weiß man nicht mal, ob man immer noch im gleichen Song ist (bis dann die erlösende Hookline kommt), so divers und diversifiziert sind diese eklektischen Mashup-Prachtperlen. Kinderzimmer Productions liefern die perfekte Mischung aus Fun-Rap und gehobener Samplekunst: Wild, unberechnenbar und immer spektakulär. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Kinderzimmer Productions lange Zeit eine Konstante im Deutschrap sein sollten. Leider nie mit dem Erfolg gesegnet wie die Pop-Titanen, dafür aber immer hochklassig und außergewöhnlich.
Die Fantastischen Vier – Lauschgift
(Sony, 1995)
Ja… da sind sie… die Geächteten, die Verbrecher, die die Deutschrap zum Pop gemacht und mit diesem Sound die ganze Szene im Mainstream verdorben haben. Okay, halten wir erst mal fest, dass mit dem Veröffentlichungsdatum von 1992 „4 gewinnt“ wirklich ein Pionier des deutschsprachigen Sprechgesangs (sorry) ist. Da könnt ihr euch drehen und wenden wie ihr wollt. Aber selbst wenn euch dieser Viva-Pop-Bastard nicht gefällt, die Band hat sich in den 90er Jahren ganz schön weiterentwickelt. Und der Höhepunkt dieser Entwicklung ist Album Nummer Drei, Lauschgift, das deutlich roher, härter und authentischer rüberkommt als seine Vorgänger. Street Credibility werden die Fanta 4 zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht mehr gewinnen können, und so machen sie eben das, was sie drauf haben: Radikal vitalistische, unterhaltsame Rap-Hymnen abliefern, die mit viel Jazz und Funk aufgefrischt sind. Darin reflektieren sie mit massig Selbstbewusstsein ihre Popularität und ihr Standing im deutschen Rap Game, verfallen aber nie in Larmoyanz, sondern inszenieren das alles mit dicker Hose im fiebrigen Partyrausch. Lauschgift ist dabei für Fanta 4 Verhältnisse überraschend hart und laut, biegt auch mal Richtung Crossover ab, versucht sich in einer Art Battle Rap und tritt dabei konsequent fast immer Ärsche. Jepp, ein paar psychedelische und poppige Songs gibt es dazwischen auch, aber alles in allem ist Lauschgift ein konsequent derbes Werk, dass deutlich weniger Viva/MTV ist als sein Ruf und im Alter sogar noch an Qualität gewonnen hat. Besser waren Smudo, Hausmeister Thomas D und Michi Beck und And.Ypsilon nie… und sollten sie auch nie wieder sein.
Mastino – Heimatfront
(L’age d’or, 1995)
Man könnte meinen, die Deutschrapper der 90er Jahre hatten zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Entweder im Underground das Rap-Game der Straße mitspielen oder im Pop-Himmel tanzen und dabei jede Streetcredibility verlieren. Mastino aus Hamburg beweisen, dass es auch noch einen dritten Weg neben partyaffinem Pop-Rap und naturalistischen Innen- und Außenaufnahmen gibt. Mastino bewegen sich irgendwo da, was man am ehesten als Studentenrap bezeichnen könnte. Das Label, auf dem sie ihre beiden Alben Brüder und Schwestern (1993) sowie Heimatfront (1995) veröffentlichen, ist ein ziemlich guter Indikator dafür, woran sich Horst Petersen und seine Leute orientieren: Am Sound und viel mehr noch am Habitus der Hamburger Schule. Auch wenn wir hier definitiv ein Hip Hop Album vor uns haben, so gibt es doch oft mehr Berührungspunkte zu Blumfeld und Tocotronic als zu den Fantastischen Vier oder Advanced Chemistry. Heimatfront ist eine experimentierfreudige Mischung aus Deutschrap und introspektivem Indie Rock, der mit seiner politischen Attitüde immer ein bisschen Richtung Deutschpunk schielt. „Crossover!“ wird da der ein oder andere schreien, nicht ganz zu Unrecht, aber Mastino sind dann doch immer ein gutes Stück zu subtil, um in Rap-Metal Regionen abzudriften. Und bei allem Akademisieren können sie durchaus auch einfach ordentliche, unprätentiöse Reime abliefern, die Dank dem tiefen wie dreckigen Flow von Rapper Thomas Springer immer authentisch und immersiv wirken. Heimatfront ist so nicht nur Rap für Blumfeld-Fans sondern auch ein genuines Hip Hop Werk mit pointierten Samples, viel Substanz und einer dichten Atmosphäre.
Jazzkantine – Jazzkantine
(RCA, 1994)
Für den internationalen Markt haben wir ja eine komplette Jazz-Rap-Liste zusammengekriegt. In Deutschland gibt es zumindest einen großen Vertreter der Genrefusion, der dessen Geist – ähnlich wie Jazzmatazz – auch stolz im Namen trägt. Und nicht nur das, mindestens genau so stolz thematisieren die Beteiligten, dass es sich bei dem Ganzen freilich um einen Versuchsaufbau handelt, der von Erfolg aber auch Misserfolg gekrönt sein kann. Neben der Lust an der Genrefusion besitzt Jazzkantine auch immer die Meta-Ebene seiner eigenen Entstehung, präsentiert sich als unfertig, als inspiriert wie improvisiert und kommt dadurch verdammt authentisch und ehrlich daher. Bei so vielen Fragezeichen darf dann auch der ein oder andere musikalische Stolperer verziehen werden, ist das Unperfekte doch ein wesentlicher Bestandteil der hier versammelten Genrehybriden, die mal verflucht gut ins Ohr gehen, sich mal in ihren eigenen Spielereien verlieren, die mal zu eleganten Pop-Hymnen, mal zu diversifizierten Jazzrap-Stücken werden.
Bands/Künstler_Innen: Advanced Chemistry, Äi-Tiem, Anarchist Academy, Asiatic Warriors, Der Tobi & das Bo, Die Fantastischen Vier, Gee-One, Germ, Jazzkantine, Kinderzimmer Productions, Main Concept, Mastino, Toni-L, Torch, | Genres: Deutschrap, Hip Hop, | Jahrzehnt: 1990er,