Male Bonding: Nothing Hurts – Gestern war gestern

Jaaaa… ein bisschen Nostalgie ist schon dabei. Wenn die Gitarren ordentlich nach vorne schrammeln, so als wäre die gesamte Grunge-Generation niemals im Mainstream angekommen, so als hätten die letzten 15 Jahre nach dem Tod Kurt Cobains nie stattgefunden, als wäre 80er und 90er Jahre Indierock/Protogrunge nach wie vor der heißeste Scheiß… dann hört mindestens ein wehmütiges Ohr mit. Drauf gepfiffen, denn auch wenn Male Bonding keinen Hehl aus ihren Einflüssen machen, klingt ihr Debütalbum Nothing Hurts doch dermaßen frisch, unverbraucht und lässig, dass man fast geneigt wäre zu konstatieren: Genau jene Musik, die im 90er Jahre Alternative Rock ihren Höhe- und Endpunkt fand, jene Musik, die Dinosaur Jr., Hüsker Dü und Echo and the Bunnymen zu ihren Ikonen zählt, jene Musik, die Seattle wie ein Strohfeuer entflammte ist der heißeste Scheiß… und alles andere ist egal.

So wie es sich gehört finden sich auf Nothing Hurts trotz ordentlichem Geschrammel und einer sauberen Ist-mir-doch-egal-Attitüde unzählige Hits, die sich in keinem Moment an den Mainstream anbiedern. Stattdessen gehen die eingängigen Hooklines in einem infernalischen Treiben unter, breschen zügellos nach vorne und rocken sich in siebte, achte und neunte Noisehimmel. Der satte Indierock an der Schnittmenge von Dinosaur Jr., Hüsker Dü und frühem 90er Protogrunge  wird mit einer ordentlichen Portion Math Rock angereichert und klingt dadurch sowohl nostalgisch als auch ungemein modern. Die kurzen Zweiminüter  wie „All things this way“ oder „Nothing remains“ gehen schnell ins Ohr, und verbreiten unbändige, zügellose Rock N Roll Spielfreude. Dabei finden Male Bonding ihren ganz eigenen Zugang zu deftiger, treibender, handgemachter Musik. Der punkige und zugleich (trotz der Kürze)  epische mitunter pathetische  Einschlag der Songs ist ein Zugang zum Rock N Roll, den …And you will know us by the Trail of Dead schon vor einiger Zeit verloren haben.

Und dann gibt es noch die Ausbüchser, die das rockige, rohe Konzept dreist schneiden und sich doch in den gewaltsamen Gesamtsog des Albums perfekt einbetten: Der Shoegaze-Ausflug mit dem hypnotischen Franklin, die zahllosen Noise-Eskapaden mit denen einige Songs eingeleitet, andere destruiert werden und die gegen Ende des Albums in einem einzigen Soundinferno gipfeln, die präzisen, stoischen Math Rock Einsprengsel in Stücken wie „Pirate Key“… Male Bonding haben zu jeder musikalischen These auch gleich die passende Antithese mit an Bord, freilich ohne dabei das hervorragend stimmige Gesamtkonzept zu zerstören.

Was bleibt noch zu sagen? Vielleicht, dass Nothing Hurts mit jedem Hören mehr begeistert, dass hier Lässigkeit, Eleganz und rotzige Punkrockattitüde perfekt zusammenprallen, dass das Album kurzweilig und dennoch unglaublich nachhaltig wirkt…? Egal, Male Bonding haben mit Nothing Hurts das Sommeralbum des Jahres und zugleich die Antithese dazu abgeliefert und darüber hinaus auch noch einen heißen Anwärter für diverse Jahresbestlisten. So schnell kanns gehen…

Bands/Künstler_Innen: Male Bonding, | Genres: Alternative Rock, Grunge, Indie, Rock, | Jahrzehnt: 2010er,


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