Diamond Eyes ahead – Eine kleine Retrospektive zur Einstimmung auf das neue Deftones Album

Nicht mehr lange, dann ist es soweit. Die Deftones bringen ihr sechstes Studioalbum auf den Markt. Zur Veröffentlichung von Diamond Eyes im Mai eine kleine Retrospektive der bisherigen Alben, EPs und von allem anderen der US Alternative Metal Band…

Adrenaline (1995)

Das Debüt der Deftones lässt sich noch am ehesten dem traditionellen Neo Thrash Metal der Marke Machine Head zuordnen. Trotzdem geht es hier alles andere als konservativ zur Sache. Songs wie das hypnotische Eröffnungsstück „Bored“ lassen bereits die morbide Melodieverliebtheit späterer Alben erkennen. Und ein Hassklumpen wie der aggressive Shouter „7 Words“ steht in dem weiträumigen Genre beispiellos dar. Auch wenn die dampfwalzartigen Stücke die Filigranität späterer Kompositionen vermissen lassen, bietet Adrenaline dennoch ein rundes sattes Alternative Metal Gesamtpaket.


Around the fur (1997)

Der zweite Streich dürfte das (zumindest zur damaligen Zeit) hippste Album der Combo sein.  Stücke wie die Kollaboration mit Thrash Metal Veteran Max Cavalera „Heads Up“, die es sogar in den Soundtrack des Playstation Spieles „Tony Hawk’s Pro Skater 3“ schaffte, tragen eine große Mitschuld daran, dass die Deftones immer wieder in die Nu Metal Ecke gesteckt werden. Und so falsch ist diese Zuordnung gerade bei „Around the fur“ auch gar nicht. „My Own Summer“ und „Be quiet and Drive“ haben keine Scheu vor einem Flirt mit Korn, die Bässe sind tief gestimmt, die Hooklines fetzen und die Hosen sitzen viel zu weit. Aber die Anbändelung mit dem berüchtigten Genre ändert nichts an der Qualität der Stücke: Around the fur ist experimentierfreudig, wütend, romantisch und düster. Bereits damals war zu spüren, dass die Deftones nur einen Katzensprung von ihrem großen Meisterwerk entfernt waren…

White Pony (2000)

…Dieses Meisterwerk sollte pünktlich zum neuen Jahrtausend das Licht der Welt erblicken. Selten herrscht bei Musikhörern Eintracht wie in diesem Fall. Das weiße Pony gilt als DAS Meisterwerk der Deftones und abweichende Meinungen zu diesem Thema müssen wie die Nadel im heuhaufen gesucht werden. White Pony ist ein elegantes, enervierendes Alternative Metal Album, dessen dunkler, morbider und erotischer Charme seine Zuhörer hypnotisiert und fesselt. Songs wie das getragene „Digital Bath“ oder das wütende „Elite“ fügen sich zu einem harmonischen Ganzen. Ein wunderbarer Trip zwischen Melancholie, Zorn und unstillbarem Verlangen… Vollkommen zurecht über allen anderen Outputs der Band thronend.

Deftones (2003)

Einigkeit herrscht oft auch, was das schlechteste Album der Band betrifft. Regelmäßig wird bei der Suche danach das selftitled herangezogen. Zumindest das hässlichste Cover dürfte Deftones mit Abstand besitzen. Ansonsten wird dem Album aber viel Unrecht getan. Tatsächlich gibt sich die Band auf dem White Pony Nachfolger überraschend konservativ.  Wer den Vorgänger kennt, weiß was ihn auf dem Album erwartet, das lange Zeit vor Veröffentlichung unter dem Arbeitstitel „Lovers“ durch die Medien geisterte: Zorn und Melancholie in Eintracht nebeneinander. Einzig die melodischen Stellen sind um einiges größer geworden, Songs wie „Lucky you“ orientieren sich unverschämt an The Cure und gar Depeche Mode. Andererseits jedoch war ein Hassbrocken wie „When girls telephone boys“ seit dem Debüt nicht mehr zu hören. Die selftitled ist ein starkes Album, das weitaus besser ist als sein Ruf, mit Minerva und Hexagram sogar zwei der besten Deftones-Hymnen überhaupt zu bieten hat, dem kongenialen Vorgänger jedoch nicht ganz das Wasser reichen kann und allein wegen seines Konservatismus ein wenig enttäuscht.

Saturday Night Wrist (2006)

Der Dreijahresrhythmus wurde auch beim fünften Studioalbum eingehalten. Saturday Night Wrist versöhnte viele der Fans, die mit dem Vorgänger nicht einverstanden gewesen waren. Dieses Mal hatten die Deftones sich wieder erheblich weiterentwickelt. Das Pathetische, Hymnische und Symphonische ist auf dem 2006er Material stärker denn je vertreten. Songs wie „Hole in the earth“ könnten gar als glatte Stadionrocker durchgehen. Trotz dieser deutlichen Entwicklung im Vergleich zum Vorgänger, hat das Album seine Macken. So sehr die festlichen Hymnen beim ersten Hören auch Begeisterung auslösen konnten, so schnell nutzten sie sich auch ab. Saturday Night Wrist ist vermutlich das kurzweiligste Album der Deftones, zugleich allerdings auch das mit der kürzesten Haltbarkeit. Dennoch zeugen gerade Songs wie das ambivalente Kimdracula oder der von System of a Down Frontmann Serj Tankian unterstütze Smasher Mein nach wie vor von der unbändigen Schöpfungskraft der Band. Ein solides Album, dessen Erstbegeisterung allerdings allzu schnell abfällt und somit einer der schwächsten Deftones-Outputs.

Raritäten, Kuriositäten und so weiter

Eine wahre Rarität im Deftones-Kosmos ist die 1993er Demo (Like) Linus, die im Netz umhergeistert. Darauf zu finden sind Stücke, die es auf das Debütalbum geschafft haben sowie die B-Sides und Rarities 2005. (Like) Linus zeigt die Band erwartungsgemäß von ihrer rohen, atavistischen und vor allem jugendlichen Seite, lässt zwar schon einige der melodischen Momente erahnen, ist aber ansonsten eher zur Vervollständigung der Audiothek geeignet. Mit den regulären Studioveröffentlichungen der Band kann das Material jedenfalls nicht mithalten. Ebenfalls entbehrlich ist die Live EP aus dem Jahre 1998, auf der sich primär Songs der Adrenaline befinden. Beide können sich aber in Punkto Entbehrlichkeit nicht im Geringsten mit der Back to School (Mini Maggit) EP von 2001 messen. Dieses musikalische Kleinod dürfte mit zu den unnötigsten Veröffentlichungen der Rockgeschichte überhaupt gehören. Auf Druck des Studios, das ausgerechnet auf dem Gipfelstürmer White Pony die singletauglichen Songs vermisste, mischten die Deftones den Album-Closer „Pink maggit“ neu ab und generierten aus dem atmosphärischen Postrockstück eine MTV-taugliche NU Metal Single mit deftigen Shouts und Rapeinlagen und dazu passendem Hippster-Videoclip. Neben dem ironischen Augenzwinkern, das in dem neu entstandenen Song „Back to school“ aufblitzte, ließen die Deftones aber auch die Kassen klingeln. So wurde zusätzlich zu der Hitsingle eine EP mit zusammengewürfelten Live-Aufnahmen und einer egalen Akkustikversion von Change veröffentlicht. Der Rubel rollte und die Deftones schämten sich mächtig, wie in späteren Interviews des öfteren zu vernehmen war. Interessanter als dieser schlechte Scherz ist dann definitiv die platinbeschriftete Sammlung B-sides and Rarities von 2005. Auf dieser finden sich vertrackte Remixe großer Songs, übrig gebliebene Lieder früherer Aufnahmesessions und vor allem grandiose Coverversionen. Die Remakes von Songs der Cocteau Twins, The Smiths Duran Duran und Lynyrd Skynyrd beweisen nicht nur die enorme Bandbreite der Deftones sondern lassen auch erkennen, woher die Band ihre zahlreichen Inspirationen nimmt. Natürlich schimmert bei dem fetten Paket aus CD und DVD auch ein bisschen die Freude am Geld Verdienen heraus, dennoch ist die edle Sammlung ein sinnvolles Ergänzungsstück für jede ordentlich sortierte Deftones-Discographie…. und allein schon wegen des rührigen Sade-Covers „No ordinary Love“ und der interessanten Kollaboration mit B-Real von Cypress Hill „Black Moon“ die Investition wert.

Bands/Künstler_Innen: Deftones, | Genres: Alternative Metal, Metal, Nu Metal, |


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