Rockgiganten vs. Straßenköter: Rezension zum Ärzte/Terrorgruppe-Zweikampf von 1996
Neulich im Kuriositätenkabinett, zwischen der Dame mit Bart und einem gelungenen Van Damme Film fand der Schreiber dieser Zeilen ein kleines Schmuckstück der deutschen Musikkultur. Es versteht sich von selbst, dass gleich ein paar Euros investiert werden mussten, um den Silberling mit dem originellen Cover und dem vielsagenden Titel „Rockgiganten vs. Straßenköter“ mit nach Hause zu nehmen.
Diese impulsive Kurzschlussreaktion konnte auch nicht dadurch verhindert werden, dass sowohl Bands als auch Titel bereits bekannt waren, wenn auch in anderem Beziehungszusammenhang. Denn genau dies war es, dieser seltsame Beziehungszusammenhang, der auf die Musik, die sich hinter der Scheibe verbergen sollte, besonders neugierig machte. Die selbsternannte beste Band der Welt Die Ärzte, allseits bekannt für debile und infantile Späße, und die Terrorgruppe, seit Jahren Aushängeschild des gepflegten Deutschpunks (ein Schelm wer hier einen Widerspruch vermutet) haben sich zusammen ins Studio gewagt und munter untereinander Songs ausgetauscht. Herausgekommen ist dann diese Split Maxi-CD, auf der die Rockgiganten Ärzte zwei Songs der Straßenköter Terrorgruppe covern und umgekehrt.
Vier Songs befinden sich also auf diesem Bandbattle. Die Terrorgruppe covert die beiden „Die Bestie in Menschengestalt“-Hits „Mach die Augen zu“ und „Kopfüber in die Hölle“, während sich die Ärzte an „Namen vergessen“ und „Rumhängen“ zu schaffen machen. Was bei dieser genialen Idee herausgekommen ist, kann sich durchaus sehen und hören lassen, wenn auch nicht bedingungslos. So kann die Terrorgruppe zwar dem ohnehin schon großartigen Song „Kopfüber in die Hölle“ eine Menge Leben einhauchen, ihn sogar noch rotziger, punkiger, rockiger, schlichtweg besser als das Original vortragen, allerdings bei der Schmusepunk-Ballade „Mach die Augen zu“ keine neuen Akzente setzen. Stattdessen spielen sie das Lied lieblos runter und beweisen, dass rotzige Punktöne nicht jedem Song gut tun müssen. Da passte das poppige Augenzwinkern des Originals weitaus besser.
Auch die Ärzte halten sich an diese Devise: Einen Song verbocken, einen hervorragend adaptieren. Aus dem Punkhit „Namen vergessen“ wird eine astreine Poppunkrock-Nummer, die auf neuere Ärzte-Outputs ebenso zu finden sein könnte wie auf Farin Urlaubs Soloalben. So lassen sie die fetzige Nummer im perfekten Radioglanz erstrahlen, der die Füße zum tanzen und die Ärsche zum wackeln bringt. Aus „Rumhängen“ versuchen sie einen düsteren new-wave-punk-synthie-disco-Stampfer zu machen, was wie zu erwarten war, mächtig in die Hose geht und eher Langeweile erzeugt, als wirklich unterhalten zu können.
Summa summarum: Eine gelungene Idee, zwei gelungene Coverversionen, zwei die eher unnötig sind, aber auch nicht allzu sehr stören, ein sehr schickes Cover, eine stabile Papphülle und ein Silberling in widerlichem Neongrün. Was will man mehr um seinem Plattenschrank ein kleines, kurioses Geschenk zu machen (das zudem eine einwöchige Chartplatzierung vorweisen kann)? Freunde der beiden Bands sollten beim nächsten Flohmarktbesuch die Augen offen halten.
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