Traumhochzeit – Eine Rezension zu Broken Social Scene – s/t (2005)
Wir schreiben das Jahr 2005… So unterschiedlich die beiden Genres auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sowohl Postrock als auch Indiepop stecken in einer selbst eingebrockten Krise. Während der Indie-Pop sich in kassenträchtige UK-Retro-garage-Rock-Hypes auf der einen Seite und seichte Pop-Boote auf der anderen Seite splittet und dabei jede Innovation vermissen lässt, dümpelt der Postrock im Fahrwasser von unzähligen „Godspeed! You Black Emperor“-Klonen und hilflosen Ambient-Verbrechern, die dem ehemals subversiven Genre einen starken Anstrich von biedermeierschem Konservatismus geben. Da liegt es natürlich nahe, beiden Genres einen Nachruf zu schreiben, sich epitaphischem Wehleiden hinzugeben und eine allgemeine düster, pessimistische Kunstapokalypse heraufzubeschwören. Ausgerechnet Broken Social Scene, das auf mittlerweile zehn Mitglieder angewachsene Künstlerkollektiv, gestartet als Postrock-Projekt mit Tortoise-Anleihen (Feel good lost) und einen Abstecher in trockenen Rock hinter sich habend, geht den genau entgegen gesetzten Weg. Auf dem Opus Magnum der Band, dem berüchtigten Selftitled-Album feierten sie 2005 in elegischen, bunt zusammen gewürfelten, wild ekstatischen Tönen die Wiederauferstehung zweier Genres aus ihrem Dornröschenschlaf und deren innigste Vereinigung.